Karlheinz Pflug Dipl. Wirtsch.-Ing. Verhandlungen im Verkauf, Vertrieb, Marketing, Projektmanagement
Lexikon-Inhalt ;: Technischer Vertrieb Coaching & Training +#
Geschäfte werden zwischen Menschen gemacht, auch im technischen Vertrieb
Sie werden niemals einen Auftrag von einem Unternehmen erhalten, sondern immer
von Menschen in diesem Unternehmen.
Verkaufen ist eine kommunikative Interaktion zwischen Menschen.
Selbst wenn es ein automatisches Vergabesystem ist, das Ihnen Aufträge
zukommen lässt, stecken hinter den Kriterien, die zur Auftragsvergabe führen
Parameter, die Menschen erdacht, bewertet und zugeordnet haben.
Vertrieb wird im
allgemeinen Sprachgebrauch mit dem Begriff des Verkaufs im weiteren Sinne
gleichgesetzt. Genau betrachtet ist Verkauf nur ein Teilbereich des Vertriebs.
Zum Vertrieb im weiteren Sinne gehört auch die Wahl der Vertriebswege. Dabei
hat ein Unternehmen eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen.
Die wichtigsten Vertriebswege (Distributionskanäle) / Arten des Vertriebs
sind:
• Direktvertrieb
o Direktverkauf beim Kunden (durch Handelsvertreter oder Reisende)
o Telefonverkauf des Herstellers (nicht eines Händlers)
o E-Commerce des Herstellers (nicht eines Händlers)
o Kommissionsverkauf (die Ware bleibt Eigentum des Herstellers)
o Direktvermietung (Direktes Leasing)
o Direkttausch
• Indirekter Vertrieb
o Handelsverkauf (Vertrags- und freie Händler)
o Franchising (Franchisenehmer handelt im eigenen Namen und auf eigene
Rechnung)
o Indirekte Vermietung (Indirektes Leasing)
o Indirekter Tausch (Bartering)
Beim Vertrieb bzw. der Distribution geht es also um die Gestaltung des
Absatzes der Produkte auf den Märkten. Die akquisitorische Komponente steht
für die Anbahnung von Verkäufen, die physische Komponente für die logistische
Abwicklung der Verteilung der Produkte. Oftmals übernimmt der Vertrieb in
mittelständischen Unternehmen auch die Aufgaben des Marketings.
Der Verkauf (im engeren Sinne) ist eine Grundfunktion des Vertriebs. Er
umfasst die direkt auf den Verkaufsabschluss gerichtete Kundenbetreuung. Der
Verkauf kann persönlich erfolgen oder unpersönlich über Verkaufssysteme z. B.
Onlineshops.
Mit zunehmendem Wert und Komplexität wird der persönliche Verkauf immer
wichtiger. Die persönliche Beziehung zum Kunden ist bei nahezu allen größeren
Geschäftsabschlüssen heute und wohl auch in Zukunft unabdingbar.
Unter „Technischer Vertrieb“ versteht man das Verkaufen von
erklärungsbedürftigen Produkten, Gütern und Dienstleistungen zumeist im
Business-to-Business Bereich (B2B / BtoB) bzw. in der Investitionsgüter-,
Hightech- und Zulieferindustrie. Das Spektrum reicht vom Cent-Produkt bis zum
Milliardenauftrag, von der Schraube bis zum Kraftwerk und vom technischen
Detail bis zur anwendungsbezogenen Unternehmensberatung.
Als Voraussetzung oder Qualifikation zum technischen Vertrieb gibt es weder
Standards noch offizielle Vorgaben. Insbesondere Techniker und Ingenieure
sowie Informatiker sind im technischen Vertrieb aktiv, jedoch auch
Wissenschaftler, Ärzte und andererseits Kaufleute, die sich das technische
Wissen angeeignet haben.
Verkäufer, insbesondere im technischen Vertrieb, werden nicht als solche
geboren! Sie haben sicherlich die Vorliebe zu Kontakt mit Menschen und eine
gehörige Portion Intuition, doch kaum jemand hat wirklich eine Ausbildung in
dem Kernbereich, nämlich Verkauf, genossen. Und allen Vorurteilen zum Trotz:
Verkaufen ist erlernbar!
Viele, technisch orientierte Menschen sind gerne bereit, Wissen weiterzugeben,
anderen Menschen zu helfen, sie zu beraten und optimale Lösungen aufzuzeigen.
Wenn es jedoch um das Thema Verkauf geht, sträuben sie sich dagegen.
Typischerweise macht ein Verkäufer im technischen Vertrieb genau dasselbe, nur
dass er zielorientierter und systematischer vorgeht. Und eben noch ein
bisschen zielorientierter.
Branchen, die ich zum technischen Vertrieb zähle sind beispielsweise Maschinenbau, Elektronik, Messtechnik, Automatisierung, Robotertechnik - Industrieroboter Wiki, technische Software wie zur Steuerung von Energieflüssen im Rahmen der Energiewende und deren Abrechnung, Mathematiksoftware zur Unterstützung von Materialentwicklung, oder zur Sicherung der Datenübertragung.
Der Produktvertrieb reicht vom Müsliriegel im Einzelhandel über Schrauben und
Nägel, z. B. im Großhandel (im Fachjargon werden Massenprodukte als „Commodity“
bezeichnet) über Autos und Flugzeuge bis zu Rohstoffen wie Gas und Öl oder
Zellstoff für die Papierindustrie. Allerdings könnte man den Verkauf von 50
Stück A 380 Flugzeugen auch als Projekt betrachten.
Folgende Unterscheidung gibt es hierbei noch:
• Einmaliger Bedarf (z. B. eine Heizung für ein Wohnhaus)
• Wiederkehrender Bedarf (eine Tankfüllung Heizöl oder Pellets alle 2-4 Jahre)
• Regelmäßiger Bedarf (Gas für die Heizung, ständig, permanent, mit
Abnahmeschwankungen)
• Bedarf eines Endabnehmers: Eine Behörde kauft 200 Bildschirme – einmalig
• Bedarf eines Integrators an OEM-Produkten: Ein Systemhaus kauft monatlich fünf Bildschirme, integriert diese in seine Anlagen und verkauft dann die
kompletten Anlagen an Molkereien – regelmäßig
• Bedarf eines Produktionsbetriebes an Rohstoffen, Halbfertigprodukten –
regelmäßig, fast kontinuierlich
OEM = „Original Equipment Manufacturer, ein Markenproduzent, der ein
Markenprodukt herstellt, das ein anderer Hersteller in seine eigenen Produkte
integriert und diese Kombination auch beim Kunden als Mehrwert ausweist“
(Wikipedia). Erinnern Sie sich an „Intel Inside“?
Unter Projektvertrieb / Projektgeschäft versteht man den Verkauf eines
Komplettpakets an Leistungen.
Kennzeichnend fürs Projektgeschäft ist, dass ein Kunde bzw. Auftraggeber
oftmals nur ein einzelnes Projekt beauftragt. Beispielsweise benötigt eine
Gemeinde nur einmal eine Kläranlage. Selbst Berlin baut nicht so oft einen
neuen Flughafen.
Ein Energieversorger und damit ein Großkunde für Projektgeschäfte benötigt
jedoch vermutlich nicht nur einen, sondern mehrere Kraftwerke oder Windparks.
Zuerst klären Sie für sich, welche Unternehmen als Kunde für Ihre Leistungen
infrage kommen. (Lösungsverkauf)
Nach der Kontaktaufnahme führen Sie meist einige Gespräche, um herauszufinden,
was Ihre Kunden verlangen und brauchen. Wichtig ist, in der Kundenanalyse auch
herauszufinden, welche Wünsche, Ziele und Visionen – aber auch welche Ängste
und Befürchtungen – der Kunde hat.
Der Kunde ist meist nicht eine Person, sondern eine ganze Gruppe
unterschiedlicher Ansprechpartner, das Buying-Team / Buying-Center.
Wenn Kunden komplexe und beratungsintensive Betreuung benötigen oder die
Umsetzung von Kundenwünschen umfangreiche Koordination und Anpassung verlangt,
macht es Sinn, mit Produktspezialisten aus dem eigenen Haus zusammen mit dem
Kunden zu arbeiten. Dies bedeutet, ein Projektteam bereits in der Akquisephase
zu bilden, in dem alle maßgeblich an der zukünftigen Umsetzung Beteiligten
mitarbeiten.
Vor der Entscheidung des Kunden stellt sich auch für den Projektvertrieb die
Frage, ob und in welcher Form Ihr Kunde die möglichen Leistungen benötigt.
Im Projektgeschäft spielt der Preis zwar auch noch eine Rolle, doch
Zuverlässigkeit und Vertrauen haben für die Entscheidung einen deutlich
höheren Stellenwert.
Durch die Einführung eines systematischen Projektvertriebs im Unternehmen
können Sie sich von Ihrem Wettbewerb abheben, sich vom Produkt- zum
Lösungsanbieter entwickeln. Sie verkaufen Beratung, Service und somit Mehrwert
gegenüber den reinen Produktverkäufern.
Wenn Sie zukünftig in Projektteams / Selling Teams an der Umsetzung von
Kundenprojekten arbeiten wollen, ist es erforderlich, alle relevanten Personen
oder Bereiche zu berücksichtigen. Neben dem Vertrieb nimmt sinnvollerweise
mindestens ein Ansprechpartner des Kundenunternehmens teil. Sie werden schon
alleine dadurch vom bloßen Lieferanten zum Partner.
Ein klares Kennzeichen des Projektvertriebs ist es, ständig immer wieder neue
Kunden akquirieren zu müssen.
Autor:
© Kh.Pflug (Verkaufstrainer, Berater, Coach, Fachbuchautor, Hochschuldozent)
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